12H Spa-Francorchamps, 06.05.2023
Letztes Jahr begann meine Saison als Motorsport-Fotograf bereits schon im März, doch dieses Jahr musste ich tatsächlich bis Mai warten. Wieso? Leider verlor ich meine Akkreditierung für die Touristenfahrten an der Nürburgring Nordschleife. Das lag aber nicht daran, dass ich gegen irgendwelche richtlinien verstoßen habe. Man muss sich, egal ob man bereits eine Akkreditierung hatte oder nicht, für die nächste Touristenfahrten-Saison bewerben. Nur hatte ich dieses Mal leider kein Glück.
Nachdem ich bereits 2o22 bei den 12h von Spa-Francorchamps als Fotograf tätig war, habe ich mich natürlich auch für das diesjährige Rennen eingeschrieben. Und siehe da, am 27. April erhielt ich in meiner Pause auf der Arbeit die E-Mail auf die ich schon seit Monaten gewartet habe.
Zwar konnte ich meinen Ursprünglichen Plan von Samstag auf Sonnatg an der Strecke zu sein aus persönlichen Gründen nicht realisieren, aber was soll’s: Der Wille zählt. Oder so änhlich.
Also ging es am Samstag Morgen um 06:15 auf nach Spa. IM Vergleich zu letztem jahr waren zusätzlich der Eurocup 3, eine Formel 3-Serie nach FIA Formel 3-Reglement sowie die spanische FIA Formel 4-Meisterschaft mit am Start. Über ein anderes Event eine FIA-zertifizerte Rennserie fotografieren? Läuft. Warum? Aus folgendem Grund: Ich habe keine Firma. Ich habe keinen Presseausweis. Ich arbeite auch für keine journalistische Organisation oder sonst irgendwen. All das wird von der FIA selbst vorausgesetzt, um für eine der vielen Serien die unter dem Dach der FIA laufen zu fotografieren. Aber hey, so geht’s doch auch.
Tatsächlich war ich schon am Wochenende zuvor an der Strecke bei der FIA WEC, aber leider nur als Zuschauer. Anfang des Jahres dachte ich mir: “Hey, versuch en wir’s doch mal” und ich beantragte Zugang zum PressePortal. Diesen erhielt ich dann auch. Eine einzige Sache hinderte mich an der Akkreditierung für das Rennen: Ein sogenannter “Mission Letter”. Quasi ein Auftragsschreiben. Geht schlecht ohne Auftraggeber…
Wie dem auch sei: Gegen viertel nach Acht kam ich an der Strecke an. Fix die Fotoweste und den Umhänger eingesammelt, Laptop und Uhr im Spind des Media Centers verstaut, und schon gings los. Pünktlich zum Start des ersten Rennen des Tages kam ich an der kurve vor Pouhon an. Jedem, der den Blogbeitrag vom Rennen aus 2022 gelesen hat, weiß um welche Kurve es sich hier handelt.
Anfangs stand ich allerdings etwas weiter hinter dem Kurvenausgang, also auf der Geraden. Je nach dem wie ich Lust hatte, ging ich mal mehr in Richtung Kurve, mal weniger.
Das erste Rennen bestritt der Eurocup 3. Genau wie die Spanische Formel 4-Meisterschaft sind beide Rennserien ein optimales Sprungbrett für aufstrebende Formel-Fahrer in höhere Klassen. Gegen 09:15 begann das Rennen, gefahren wurde etwa 35 Minuten. 270 PS bei gerade einmal 665 KG Fahrzeuggewicht sorgen schon für ordentlich speed.
EIne Stunde später ging das nächste Rennen los: der Erste Lauf der spanischen FIA Formel 4-Meisterschaft.
Wie der Name der Meisterschaft bereits her gibt, wrid hier mir Formel-Fahrzeugen aus einer noch niedrigeren Klasse gefahren. IM Vergleich zu den Formel 3-Wagen des Eurocup 3 verfügen die Fahrzeuge über deutlich weniger Abtrieb und etwa 100 PS weniger. Das muss aber noch lange nicht heißen, dass das Racing weniger schlecht sein muss.
Um 10:40 war auch dieses Rennen vorbei, und so machte ich mich wieder auf den Weg ins Media Center um die ersten Bilder auszusortieren und zu bearbeiten. Schließlich hatte ich rund eine Stunde Zeit, denn dann gingen die ersten sechs Stunden der insgesamt 12 Stunden von Spa-Francorchamps los.
Für mich war es das erste Mal, das ich nicht im Media Center war, um Formalitäten zu klären. Es gab ungefähr sechs oder sieben Tischreihen, alle mit Stromanschlüssen und LAN-Pots versehen. Über jeder Tischreihe hingen sechs Flatscreens. Im Wechsel wurde dort der Zeitnahmemonitor und der Live Feed angezeigt. So verpasste man nie etwas vom Geschehen. Außerdem gab es für jeden kostenlose Softdrinks, Wasser, Kaffee und Snacks. Beschweren konnte man sich also eher weniger, oder nicht?
Circa 15 Minuten vor Rennstart ging es für mich Richtung Boxengasse. Mein Plan für das Rennen war, Fotos innerhalb der Boxengasse, der ersten Kurve ausgangs der letzten Schikane aufzunehmen. Da ich aber auch etwas vom Rennen “aufnehmen”, bzw. erleben wollte, positionierte ich mich für den Rennstart an einem Loch im Zaun auf der Boxenmauer genau in der Anbremszone der ersten Kurve, la Source. Das war schon ein echt geiles Feeling. Aber es sollte noch besser kommen…
Sofort nach dem Rennstart begab ich mich zur ersten Kurve. Eine Haarnadelkurve mit Gefälle am Kurvenausgang. EIn guter Kurvenausgang ist extrem wichtig für das was folgt: Eau Rouge und Radillon.
Ich beschloss mich quasi auf die Mauer zu stellen. Nein, ich stand natürlich nicht oben auf der Mauer und begab mich in Lebensgefahr, sondern ich tat folgendes: Auf der Innenseite der Mauer war eine Art Vorsprung eingearbeitet. Ich stellte mich also darauf, lehnte mich an die Mauer und begann mit dem Fotos schießen. Je nach dem wie gut die Fahrer den Scheitelpunkt der Kurve trafen, trennten mich und die Autos gerade mal 30 bis 40 Zentimeter. Für jeden Motorsport-egeisterten Fotografen ein unbeschreibliches Feeling. Außerdem konnte man mit den richtigen Kameraeinstellungen die Bilder so aussehen lassen, als würden die Autos mit einer viel höheren Geschwindigkeit ankommen als in wirklichkeit.
Nach etwa 45 Minuten machte mir der Wettergott einen Strich durch die Rechnung: Erst fing es an etwas zu tröpfeln und plötzlich schüttete es wie aus Eimern. Und ich dachte auch noch, es wäre aufgrund der warmen Temperaturen eine gute Idee meine Jacke im Spind zu lassen. Tja, falsch gedacht. Ich stellte mir die Frage “Was machst du nun?” und fand schnell eine Lösung. Die Streckenposten haben sich alle unter einem Pavillon versammelt. Ich habs gesehen, bin hin gelaufen und habe mal ganz diskret nachgefragt, ob ich mich nicht mit dazu stellen dürfte. Der nette Herr antwortete mir mit “Sure, go ahead!” Die nächsten 30 minuten harrte ich nun unter dem Pavillon aus, Fotos blieben da leider aus.
Als der Regen endlich nachließ, positionierte ich mich so, dass ich die Autos von der Seite ausgangs der ersten Kurve fotografieren konnte. Aufgrund des Fangzeauns auf der Boxenmauer der zweiten Boxenmauer (ja, diese Strecke verfügt über zwei Boxengassen) hatte ich nur ein kleines Fenster in dem ich den Auslöser drücken konnte. Aber das gelang mir dann doch ganz gut, würde ich sagen.
Nach einiger Zeit lief ich nun zur Boxeneinfahrt. Ich hatte bereits mehrere Fotos gesehen, beispielsweise vom bekannten formel 1-Fotografen kym Illman, die ich versuchen wollte nachzuempfinden. Die Bilder waren aus einer bodennahen Position aufgenommen, in der quasi nur das Fahrzeug von vorne zu sehen war und sonst fast nichts. Ein wenig Hintergrund, aber das Fahrzeug war formatfüllend. Ich fragte mich immer wieder wie es möglich sein könnte, so ein Bild auf einer Rennstrecke aufzunehmen. Und dann sah ich eine Treppe an der Boxenmauer, die ein paar Stufen nach unten ging. Dadurch war die Boxeneinfaht nun ungefähr auf Brusthöhe. Dementsprechend konnte ich mich, sobald ein Fahrzeug in die Box fuhr, mich auf die Mauer lehnen und los knipsen. Nun wusste ich wie…
Als nächstes folgten Aufnahmen am Ausgang der letzten Schikane. Also: wieder die Treppen hoch, schnell über die kleine Erhöhung hüpfen und man war am Zaun. Glücklicherweise gab es hier mehrere Löcher für Fotografen im zaun, was das fotografieren deutlich leichter machte.
Zu guter letzt ging es um kurz nach halb drei wieder ins Media Center. Schnell eine Dose Pepsi aus dem Kühlschrank gegriffen, den Laptop hochgefahren und die letzten Bilder fertig bearbeitet und den Veranstaltern übermittelt und um halb Fünf auf den Weg nach hause gemacht. Alles in Allem war es wieder ein gelungener Tag mit vielen tollen Fotos und Erinnerungen. Sollte alles klappen, werde ich Ende mai bereits zum nächsten Rennen vor ORt sein.